Winterlicht

Der erste Schnee…

Es war noch dunkel als sie durch das Treppenhaus ging. Sie musste das Licht anmachen, um die Stufen zu sehen. Winter. Es war noch ganz still im Haus. Die anderen schliefen noch. Leise zog sie die Haustür ins Schloss. Es war kalt geworden. Die Blätter der Büsche waren weiß vom ersten Frost. Es ging auf Weihnachten zu. Der Kies knirschte unter ihren Füßen als sie über den leeren Hof ging. Es raschelte zwischen den Bäumen. Als sie in den Radius des Bewegungsmelders kam, sprang das Licht an. Das Carport lag ausgeleuchtet vor ihr. Neben dem Auto saß ein Igel, der sie mit großen Augen anschaute. Gemächlich drehte er sich zur Seite und verschwand um die Hausecke. Sie stellte ihre Taschen auf den Beifahrersitz und kletterte in den Wagen. Ruhig startete sie den Motor des Wagens. Wie jeden Morgen. Mit einer Bewegung lenkte sie den Wagen auf die Straße und bog um die erste Kurve. 35 Kilometer lagen vor ihr.

Heute, 6:55 Uhr

Nachtflug

Die Seele ist ein weites Land…

Mit einem Schwung öffnete sie die Tür des Seiteneingangs zum Bahnhof. Sofort kam ihr ein Gewirr aus Stimmen, Lautsprecherdurchsagen und dem typischen Quietschen an- und abfahrender Zügen entgegen. Gleichzeitig befand sie sich in einer Duftwolke von frischen Brötchen und aufgebrühtem Kaffee. Sie merkte, dass sie trotz der frühen Stunde hungrig war und freute sich auf ihr Frühstück. Zielsicher steuerte sie an den leuchtend-bunten Verkaufsständen der Ketten in der Bahnhofshalle auf den alten Wartesaal ganz am Ende zu. Dort befand sich neben einem ausgewählten Angebot an Büchern und Zeitschriften ein wunderschönes Café mit bequemen alten Sesseln, den besten Croissants jenseits der nordfranzösischen Grenze sowie einen schönen Blick durch die Fensterbögen auf das Gewimmel der Reisenden auf dem Bahnsteig. Überrascht wurde sie jedes Mal von der plötzlichen Ruhe in dem großen Raum, die sie mit dem Schließen der Tür umfing. Und obwohl bereits einige Reisende vor den Regalen in den Zeitschriften blätterten, sie hier und dort leise Gesprächsfetzen vernahm, glichen selbst die Bestellungen an dem großen Tresen eher einem Flüstern. Sie trug Ihr Gepäck an einen der kleinen Tische und gab ihre Bestellung auf. Mit einem Blick auf die Uhr der großen Anzeigetafel auf dem Bahnsteig vergewisserte sie sich, dass sie sich mit ihrem Frühstück Zeit lassen konnte. Zufrieden lächelnd ließ sie sich in einen alten Ohrensessel fallen. Morgen um diese Zeit würde sie bereits in ihrem Zimmer auf der Farm aufwachen. Endlich. Sie konnte es kaum erwarten und mit jedem Sprung der abfahrenden Züge auf der Anzeigetafel kam sie ihrem Traum ein Stückchen näher. Südafrika.

Rundstück

Als ich die Augen öffnete, fielen bereits die ersten Sonnenstrahlen durch das kleine Dachfenster. Schnell stand ich auf und öffnete es. Die kühle Morgenfrische strömte herein und ließ mich für einen kurzen Moment erschauern. Der Blick ging weit über den kleinen Park zu den grünen Wiesen. Kühe standen auf der nächstgelegenen Weide. Über die knarzenden Dielen huschte ich zurück in mein warmes Bett. Gemütlich kuschelte ich mich unter die weiche Bettdecke. Ein wohliger Seufzer entwich mir. Durch das geöffnete Fenster kam leichtes Vogelzwitschern herein. Irgendwo rief ein Esel. Ich hörte das gleichmäßige Ticken des Weckers auf dem Nachtschrank. Es ging auf acht Uhr zu. So langsam kehrte die Erinnerung an den gestrigen Abend zurück: Die Reifenpanne, der Dauerregen, die hereinbrechende Nacht. Die Landstraße lag verlassen in einer dichten Wand von Regen. Weit und breit war kein Haus zu sehen, nur Wald und Felder rechts und links. Jeder Versuch mit dem Handy eine Verbindung aufzubauen scheiterte. Nicht als Rauschen drinnen wie draußen. Ich weiß nicht, wie lange ich dort im Wagen gesessen habe, als zwei Lichter sich langsam durch die Dunkelheit tasteten. Der klapprige Citroën, der freundliche rustikale Herr und schließlich – eine gefühlte Ewigkeit später – seine Frau mit zwei warmen Tassen heißen Tees in der Hand im Türrahmen des Gutshauses. Ich lächelte. Meine Gedanken kehrten zurück. Neugierig sah ich mich in der kleinen Dachkammer um. Der maritim angehauchte Raum war in sich stimmig hergerichtet. Die weiße Tapete war mit einem floralen Muster und in verschiedenen Farbnuancen eines Azurblaus üppig verziert. Das dunkle Braun der schweren antiken Möbel bildete einen guten Gegensatz zum verspielten Charakter der Dekoration. Alles wirkte freundlich und mit Bedacht ausgewählt.

IV. Quartal

14 Monate, 30 Artikel, viele Gedanken, ein paar Fotos…
Wo wollen wir hin? Was haben wir zu sagen?
Ideen, Wünsche, Projekte, Reisen –  was kommt als nächstes?
Was war bekannt, was war neu? Und wie geht es weiter?

to be continued…