Ich erinnere mich…

… an den Boden unter meinen Füßen.

Ich laufe mit nackten Füßen über den Sand. Der Sand ist warm und trocken. Die einzelnen Sandkörner kitzeln und kratzen zwischen den Zehen. Die Luft ist stickig und schmeckt salzig. Ich rieche das vor mir liegende Meer und die Pinien hinter mir, die den Weg zum Strand säumen. Die Sonne scheint, ich höre ein Lachen. Eine Familie in bunten Badesachen spielt am Strand Beach-Ball. Das Plopp-Plopp des Balles beim Auftreffen auf den Schläger erinnert mich an den Tennisplatz vor der Haustür. Die Wellen schlagen platschend ans Ufer. Ein Motorboot fährt mit High-Speed parallel am Strand entlang. Die Leute auf ihren Luftmatratzen im Wasser schaukeln durch den Wellenschlag wild hin und her. Ein Mann schimpft laut und die Kinder jauchzen vor Freude über das nasse Vergnügen.
Es ist Mittag. Ich merke, wie ich Appetit bekomme und wünsche mir ein Eis in der Waffel, am liebsten Erdbeereis, süß und klebrig. Ich weiß, wo der Kiosk ist und laufe mit ein paar Peseten in der Hand los. Der Sand ist inzwischen so heiß unter meinen Füßen, dass ich von Handtuch zu Handtuch springe. Ein starker Kontrast zu dem kalten grauen Beton im Schatten der Häuserzeile. In der Schlange vor dem Kiosk ertönt plötzlich ein Brummen über meinem Kopf. Ich blicke nach oben. Ein kleines Flugzeug erscheint im makellosen Blau des Himmels und zieht ein rot-weißes Werbebanner hinter sich her.

#erste Sätze

Das Telefon blieb stumm an diesem Tag, der einfach nicht enden wollte, während draußen vor der Tür die Autos von links nach rechts und wieder zurück fuhren. Sie saß müde an ihrem Schreibtisch und starrte schon lange auf das weiße Blatt Papier ohne einen Anfang für ihr Manuskript zu finden. Das Grau ihrer langen Strickjacke harmonierte dabei hervorragend zum Grau des Teppichs in ihrem Büro, wo einzig der Kalender mit seinen roten Sonntagen dem tristen matt-weiß der Wände etwas Farbe gab. Ein lautes Hupen durchbrach unerwartet störend die monotonen Geräusche im Hintergrund und schreckte sie aus ihren leerlaufenden Gedanken. Sie schaute irritiert auf, erhob sich zögernd und öffnete weit das schmale Fenster. Trotz strahlendem Sonnenschein vom blauen Himmel kroch eine ungemütliche Kälte hinein und sie wich erschaudernd einen Schritt zurück…

Am Rande der Stadt

Der Zug rumpelte als er über die Gleise der alten Brücke fuhr. In Kürze würden sie den Bahnhof erreichen. Ihr Blick fiel auf den Fluss und die Kulisse der Altstadt in der Ferne. Sie lächelte. Bald war sie zu Hause.
Wie hatte sie diese Stadt vermisst. Die alten Dampfer, die träge auf den sanften Wellen schaukelten. Das Grün der Bäume am Radweg, der den Fluss entlang führte. Die Kuppel der nahen Schloßkirche, die golden im Abendlicht glänzte. Die kleine Bäckerei auf der Ecke, wo gerade die Rolläden hinunter gelassen wurden. Das italienische Eiscafe am Bahnhofsvorplatz. Sie fingerte nach ihrem Handy. Es war kurz nach sieben. Der Zug wurde langsamer, Bremsen quietschten. Sie erreichten nun den Bahnhof.

BWL

Es war ganz still im Raum. Kein Geräusch drang von draußen nach drinnen. Der Blick aus dem Fenster auf den nahen Kirchturm und über die Dächer der Innenstadt verkam zum Standbild. Nur die kahlen Äste der alten Eiche vor dem Haus bewegten sich leicht im Wind. Auf einmal tat sich In dem dunklen Winterhimmel ein Wolkenloch auf und für einen kurzen Moment fiel ein Sonnenstrahl durch das Küchenfenster. Er stand auf  und ging hinaus auf den kleinen Balkon. Ein Taxi fuhr die Straße entlang und hielt vor dem schräg gegenüber liegenden Haus. Fast gleichzeitig trat eine Frau aus dem Hauseingang und stieg ein. Vor dem Blumenladen an der Ecke stand ein LKW und lieferte frische Blumen aus. Die Gitter des leeren Rollwagen schlugen aneinander als der Fahrer ihn auf die Landerampe schob. Ein paar Schulkinder querten schnatternd die Straße. Es begann zu regnen.

Winterlicht

Der erste Schnee…

Es war noch dunkel als sie durch das Treppenhaus ging. Sie musste das Licht anmachen, um die Stufen zu sehen. Winter. Es war noch ganz still im Haus. Die anderen schliefen noch. Leise zog sie die Haustür ins Schloss. Es war kalt geworden. Die Blätter der Büsche waren weiß vom ersten Frost. Es ging auf Weihnachten zu. Der Kies knirschte unter ihren Füßen als sie über den leeren Hof ging. Es raschelte zwischen den Bäumen. Als sie in den Radius des Bewegungsmelders kam, sprang das Licht an. Das Carport lag ausgeleuchtet vor ihr. Neben dem Auto saß ein Igel, der sie mit großen Augen anschaute. Gemächlich drehte er sich zur Seite und verschwand um die Hausecke. Sie stellte ihre Taschen auf den Beifahrersitz und kletterte in den Wagen. Ruhig startete sie den Motor des Wagens. Wie jeden Morgen. Mit einer Bewegung lenkte sie den Wagen auf die Straße und bog um die erste Kurve. 35 Kilometer lagen vor ihr.

Heute, 6:55 Uhr

Nachtflug

Die Seele ist ein weites Land…

Mit einem Schwung öffnete sie die Tür des Seiteneingangs zum Bahnhof. Sofort kam ihr ein Gewirr aus Stimmen, Lautsprecherdurchsagen und dem typischen Quietschen an- und abfahrender Zügen entgegen. Gleichzeitig befand sie sich in einer Duftwolke von frischen Brötchen und aufgebrühtem Kaffee. Sie merkte, dass sie trotz der frühen Stunde hungrig war und freute sich auf ihr Frühstück. Zielsicher steuerte sie an den leuchtend-bunten Verkaufsständen der Ketten in der Bahnhofshalle auf den alten Wartesaal ganz am Ende zu. Dort befand sich neben einem ausgewählten Angebot an Büchern und Zeitschriften ein wunderschönes Café mit bequemen alten Sesseln, den besten Croissants jenseits der nordfranzösischen Grenze sowie einen schönen Blick durch die Fensterbögen auf das Gewimmel der Reisenden auf dem Bahnsteig. Überrascht wurde sie jedes Mal von der plötzlichen Ruhe in dem großen Raum, die sie mit dem Schließen der Tür umfing. Und obwohl bereits einige Reisende vor den Regalen in den Zeitschriften blätterten, sie hier und dort leise Gesprächsfetzen vernahm, glichen selbst die Bestellungen an dem großen Tresen eher einem Flüstern. Sie trug Ihr Gepäck an einen der kleinen Tische und gab ihre Bestellung auf. Mit einem Blick auf die Uhr der großen Anzeigetafel auf dem Bahnsteig vergewisserte sie sich, dass sie sich mit ihrem Frühstück Zeit lassen konnte. Zufrieden lächelnd ließ sie sich in einen alten Ohrensessel fallen. Morgen um diese Zeit würde sie bereits in ihrem Zimmer auf der Farm aufwachen. Endlich. Sie konnte es kaum erwarten und mit jedem Sprung der abfahrenden Züge auf der Anzeigetafel kam sie ihrem Traum ein Stückchen näher. Südafrika.

Rundstück

Als ich die Augen öffnete, fielen bereits die ersten Sonnenstrahlen durch das kleine Dachfenster. Schnell stand ich auf und öffnete es. Die kühle Morgenfrische strömte herein und ließ mich für einen kurzen Moment erschauern. Der Blick ging weit über den kleinen Park zu den grünen Wiesen. Kühe standen auf der nächstgelegenen Weide. Über die knarzenden Dielen huschte ich zurück in mein warmes Bett. Gemütlich kuschelte ich mich unter die weiche Bettdecke. Ein wohliger Seufzer entwich mir. Durch das geöffnete Fenster kam leichtes Vogelzwitschern herein. Irgendwo rief ein Esel. Ich hörte das gleichmäßige Ticken des Weckers auf dem Nachtschrank. Es ging auf acht Uhr zu. So langsam kehrte die Erinnerung an den gestrigen Abend zurück: Die Reifenpanne, der Dauerregen, die hereinbrechende Nacht. Die Landstraße lag verlassen in einer dichten Wand von Regen. Weit und breit war kein Haus zu sehen, nur Wald und Felder rechts und links. Jeder Versuch mit dem Handy eine Verbindung aufzubauen scheiterte. Nicht als Rauschen drinnen wie draußen. Ich weiß nicht, wie lange ich dort im Wagen gesessen habe, als zwei Lichter sich langsam durch die Dunkelheit tasteten. Der klapprige Citroën, der freundliche rustikale Herr und schließlich – eine gefühlte Ewigkeit später – seine Frau mit zwei warmen Tassen heißen Tees in der Hand im Türrahmen des Gutshauses. Ich lächelte. Meine Gedanken kehrten zurück. Neugierig sah ich mich in der kleinen Dachkammer um. Der maritim angehauchte Raum war in sich stimmig hergerichtet. Die weiße Tapete war mit einem floralen Muster und in verschiedenen Farbnuancen eines Azurblaus üppig verziert. Das dunkle Braun der schweren antiken Möbel bildete einen guten Gegensatz zum verspielten Charakter der Dekoration. Alles wirkte freundlich und mit Bedacht ausgewählt.