Nachtflug

Die Seele ist ein weites Land…

Mit einem Schwung öffnete sie die Tür des Seiteneingangs zum Bahnhof. Sofort kam ihr ein Gewirr aus Stimmen, Lautsprecherdurchsagen und dem typischen Quietschen an- und abfahrender Zügen entgegen. Gleichzeitig befand sie sich in einer Duftwolke von frischen Brötchen und aufgebrühtem Kaffee. Sie merkte, dass sie trotz der frühen Stunde hungrig war und freute sich auf ihr Frühstück. Zielsicher steuerte sie an den leuchtend-bunten Verkaufsständen der Ketten in der Bahnhofshalle auf den alten Wartesaal ganz am Ende zu. Dort befand sich neben einem ausgewählten Angebot an Büchern und Zeitschriften ein wunderschönes Café mit bequemen alten Sesseln, den besten Croissants jenseits der nordfranzösischen Grenze sowie einen schönen Blick durch die Fensterbögen auf das Gewimmel der Reisenden auf dem Bahnsteig. Überrascht wurde sie jedes Mal von der plötzlichen Ruhe in dem großen Raum, die sie mit dem Schließen der Tür umfing. Und obwohl bereits einige Reisende vor den Regalen in den Zeitschriften blätterten, sie hier und dort leise Gesprächsfetzen vernahm, glichen selbst die Bestellungen an dem großen Tresen eher einem Flüstern. Sie trug Ihr Gepäck an einen der kleinen Tische und gab ihre Bestellung auf. Mit einem Blick auf die Uhr der großen Anzeigetafel auf dem Bahnsteig vergewisserte sie sich, dass sie sich mit ihrem Frühstück Zeit lassen konnte. Zufrieden lächelnd ließ sie sich in einen alten Ohrensessel fallen. Morgen um diese Zeit würde sie bereits in ihrem Zimmer auf der Farm aufwachen. Endlich. Sie konnte es kaum erwarten und mit jedem Sprung der abfahrenden Züge auf der Anzeigetafel kam sie ihrem Traum ein Stückchen näher. Südafrika.